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Dienstag, 19. Januar 2016

Nur ein Zufall?


Zitat Luke: "Das kann kein Zufall sein!"

Rückblick: 28./29. Juli 2015

Vor drei Wochen waren wir noch mit ihr im Urlaub... jetzt ist sie nicht mehr bei uns. Sie wird nicht wiederkommen. Nie mehr. Sie ist tot. Mein Verstand weiß das, und doch ist es irgendwie noch nicht dort oben angekommen. Ada, Luke und Jesse sind bei ihren Freunden und erfahren etwas Ablenkung, etwas Alltag, eine kurze Phase des mentalen Abschaltens. Uns Erwachsenen ist dieser gesunde Schutzmechanismus nicht vergönnt. Wir müssen Viannes Grabstätte aussuchen. Es ist ein friedlicher Platz unterhalb eines Baumes. Er hätte ihr sicherlich gefallen. Wir besprechen am Abend mit den Kindern die Beerdigung. Jesse wirkt wie so oft souverän, Ada und Luke etwas verunsichert, so dass die Pastorin vorschlägt, ihnen im Vorfeld zu zeigen, wo Vianne zukünftig begraben sein wird. Sie will den beiden damit die Angst nehmen, denn Orte, die wir schon einmal aufgesucht haben, sind uns nicht mehr ganz so fremd. Wir treffen uns mit ihr am nächsten Vormittag am Eingang des Friedhofs. Ada ist total aufgekratzt, will alle Namen auf den Grabsteinen vorgelesen bekommen, stellt etliche Fragen zu eingravierten Symbolen und Daten. Sie will wissen, ob ein oder zwei Leute da liegen und warum es unterschiedliche Bilder auf den Grabsteinen gibt. Die Pastorin beantwortet ehrlich und offen all ihre Fragen und stillt Adas Wissensdurst. Ada kann ihre kindliche Neugierde kaum zügeln und hüpft ausgelassen die schmalen Wege entlang. Sie bringt mich zum Schmunzeln, trotz der tiefen Wunde in meinem Herz. Ada bringt Wärme, wo Kälte ist. Und ich bin froh, dass sie keine Berührungsängste zu haben scheint, auch wenn sie etwas nervös und überdreht wirkt. Luke hingegen ist ganz still und in sich gekehrt. Aber auch ihn erreichen die Worte der Pastorin. Sie erklärt kindgerecht den Ablauf am Tag der Beerdigung. Sie macht ihre Sache gut. Sie gibt Sicherheit - den Kindern wie auch uns. Sie lässt Lebendigkeit zu an diesem Ort der Stille und gibt diesem Ort durch ihre ungezwungene Art Natürlichkeit. Luke ist sich noch unsicher, ob er bei der eigentlichen Beerdigung dabei sein möchte, ob er es schafft. Auch hier lässt sie ihm Entscheidungsspielraum und vermittelt ihm, dass es vollkommen in Ordnung sei, nicht dabei sein zu wollen. Für uns ist es sowieso in Ordnung. Er darf entscheiden. Alles was ihm gut tut. Wir halten eh nicht so viel von gewissen auferlegten Verhaltensweisen, die nur dem äußeren Anschein dienen und größtenteils die Erwartungshaltung anderer bedient
Ada ist weiterhin ganz interessiert, schwankt zwischen Unsicherheit und einer gewissen Faszination. Ja, Geburt und Tod faszinieren. Ada ist noch so unverfälscht. Das gefällt mir, das imponiert mir. Während für viele Menschen die Geburt hinausgeschrien wird, wird der Tod totgeschwiegen und oftmals aus dem Leben verbannt. Doch plötzlich schleicht sich ein besorgter Gesichtsausdruck auf ihr rundes Gesichtchen. "Wenn Vianne begraben wird, dann kriegt sie doch Erde in den Mund", überlegt sie besorgt. Es ist gut, dass sie ihre Sorgen und Bedenken so frei formulieren kann. Wir können sie beruhigen und erklären ihr ganz sachlich, dass zum einen ein Deckel auf Viannes "Kiste" ist und dass sie nie wieder atmen braucht. Es ist lediglich ihr leerer rper - ohne Vianne. 
Direkt im Anschluss fahren wir mit den Kindern in ein Freizeitbad - wir brauchen alle Ablenkung. Es klappt, die Kinder haben Spaß und entspannen sich. Ich hingegen sehe Vianne, wie sie sich mit ihren leuchtend orangefarbenen Schwimmärmchen versonnen im tiefen Wasser treiben lässt. Ich stehe inmitten von Leben, in diesem lauten Spaßbad, zwischen all den Menschen, umgeben von Wasser, während mir leise Tränen herabrinnen und auf die nassen Fliesen fallen... Meine Tränen sind für andere unsichtbar, zu viel Wasser tropft aus meinen Haaren, von meiner Stirn, von meinem Kinn...
Kurz bevor Ada am Abend einschläft erscheint wieder ein wunderschöner Regenbogen, an der gleichen Stelle wie zwei Tage zuvor. Es scheint fast so, als ob sich der Bogen vom Friedhof aus über den gesamten Himmel spannt..."Das kann kein Zufall sein", sagt Luke andächtig. Ada lächelt...




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