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Donnerstag, 16. August 2018

Von Ir(r)land nach Irland - 2.Teil

Echtzeit! 14.08.2018

Zitat Ada, 31.07.2018, mitten in Dublin: "Seid ihr eigentlich schon 'mal mit dem Flugzeug abgestürzt?"

Irgendwo im Nirgendwo - 3. Wegstrecke
Am nächsten Morgen holten wir unseren Mietwagen ab und kämpften uns im Linksverkehr - übrigens das erste Mal in unserem Leben - zuerst aus dem Parkhaus und anschließend aus Dublins Kreisverkehren und Einbahnstraßen heraus Richtung Connamara, einem Naturschutzgebiet an der Westküste Irlands. Dort hatten wir irgendwo im Nirgendwo ein Häuschen gemietet, dessen Lage noch nicht einmal die meisten Einheimischen kannten, denn außer der Adresse "unnamed road" hatten wir nur eine grobe Wegbeschreibung. Blöderweise hatte ich es versäumt, die Navigation im Vorfeld über das Handy herunterzuladen und kurz vorm Ziel hatten wir keinen Internetempfang mehr. Aber letztendlich konnten wir unsere Unterkunft dank der hilfsbereiten Dame im Post office in der naheliegenden Ortschaft Finny (bestehend aus Pub, Kirche und besagtem Post office) orten. 
Unser Natursteinhäuschen lag idyllisch eingebettet zwischen Wiesen und Sträuchern oberhalb eines einsamen Sees. 


Unsere direkten Nachbarn waren vier gesellige Esel, die Ada sogleich auf Rocky, Boss, Kasper und Schikalinder taufte und die unseren Karottenvorrat extrem reduzierten.


Ein Ort zum Durchatmen. Welch ein grandioser Ausblick auf die gegenüberliegende Bergkette und auf die Seenlandschaft und wenn man in die Natur lauschte, hörte man bis auf das ferne Blöken der Schafe .... nichts. Keine Flugzeuge am Himmel, kaum Verkehr auf der winzigen Straße am Seeufer.





Irland ist Schonzeit, und doch rückt dieser Tag, der mein Leben komplett aus den Angeln gehoben hat und dein Leben, mein Schatz, für immer beendete, näher. Schlimm erwischt es mich in der Nacht vom 23. auf den 24.7.2018. Es ist wieder 2015, es ist nach Mitternacht. Du hast gewartet, bis wir ganz unter uns waren, hast geborgen zwischen uns gelegen. Du erlebst noch 45 Minuten dieses 24.Juli 2015,bevor dein Herzchen ein letztes Mal flattert und sich die Stille über deinen Körper legt... Ein Teil von mir stirbt mit dir. Ich lasse dich nicht alleine fliegen... Der Teil von mir, der überlebt, ist den nachfolgenden Qualen hilflos ausgeliefert. Die seelische Amputation schmerzt sogar körperlich... 
Es ist der 23.7.2018 und ich wälze mich in Irland im Bett von einer Seite auf die andere, krümme mich zusammen, finde keine Ruhe und erst recht keinen Schlaf. Es ist doch erst 23:45 Uhr - noch habe ich dich eine Stunde bei mir, warum überfällt mich schon jetzt diese unglaubliche Unruhe? Bis mir auf einmal schlagartig klar wird, dass es in Deutschland aufgrund der Zeitverschiebung bereits 0:45 Uhr ist und du genau jetzt wieder in meinen Armen stirbst. Zum vierten Mal. Es tut kaum minder weh... Ich renne raus, in die Nacht, eingehüllt in abgrundtiefe Traurigkeit, machtlos, diesem Schmerzinferno zu entkommen. Der aufkommende Wind durchwuselt meine Haare, streicht neckend und liebevoll über meine Haut... "Mama, ich kann den Wind in meinen Haaren spüren!" Und ich kann dich in diesem Moment spüren, kleine großartige Vianne. Du bist der Wind und pustet meinen Schmerz fort. Ich stehe im Nirgendwo nachts im Wind und muss urplötzlich lächeln... während dieser kümmerliche Teil meines Herzens ganz weit wird. Tags zuvor hast du schon kleine Zeichen geschickt und uns gezeigt, dass du mit uns in Irland bist. Auf dem Weg zum Ashford Castle hat Luke einen kleinen Button am Wegesrand gefunden: "Be child cancer aware". Ja, das bin ich, Vianne. Ich tue, was in meiner Macht steht.

 Steilküsten und Fischerdörfchen - 4. Wegstrecke
Am nächsten Morgen brechen wir zu unserer nächsten Unterkunft im Süden Irlands auf, nahe Baltimore, einem kleinen, bunten und lebendigen Fischerörtchen. Auch hier wohnen wir wieder sehr ruhig inmitten eines verwunschenen Wäldchens. 





Auf dem Weg dorthin besuchen wir die Cliffs of Moher - ein rund 200 Meter hoher, steil abfallendender, acht Kilometer langer Küstenstreifen. Gewaltig und beeindruckend ist diese Steilküste, die einen so klein und unscheinbar und unwichtig werden lässt. Ich fühle mich hier befreit, wir spielen mit den Elementen und lassen uns und die letzten trüben Gedanken vom Wind hinforttragen, weit weit hinaus auf den Atlantischen Ozean. Unterwegs habe ich ein Treibholzstück gefunden. Am Abend verfasst ein jeder von uns darauf einen persönlichen Gruß an Vianne, bevor Luke es in Baltimore an einer rauen und ursprünglichen Felsküste ins türkisfarbene Wasser wirft. Wir verfolgen noch eine geraume Zeit, wie es auf den Wellen schaukelt und schließlich davongetragen wird. Am Abend schickt Vianne uns einen wunderschönen, perfekten Regenbogen.



 

 

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