Heute ist Vianne-Wetter!
windig und warmherzig und voller Sehnsucht nach Leben...
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Mittwoch, 23. Juli 2025
Montag, 21. Juli 2025
ZEHN
Ich gehe aufrecht, weil ich es mir wert bin. Weil ich Vianne in mir trage und sie mich trägt. "Komm und flieg mit mir", flüstert sie mir durch den "Mia and me"- Titelsong liebevoll motivierend zu. Weil ihr Mut mich aufrichtet. Auch wenn sich an Tagen wie diesen innerlich alles in mir zusammenkrümmt. Unaufhaltsam steuere ich auf den 24. Juli 2025 zu. Eine große rote ZEHN leuchtet intermittierend in meinem Kopf auf. Blink - 10 - blink - 10 - blink...10 Jahre. Der Takt wird von Tag zu Tag schneller, greller. "Es ist nur eine Zahl", sagt mein Verstand. "Gequirlter Mist, es ist soviel mehr als NUR eine Zahl", entgegnet mein Herz entrüstet und schnappt pikiert nach Luft.
Mein Herz schlägt letztendlich meinen Verstand. Ich habe das starke Bedürfnis, etwas Besonderes für meine kleine Zaubermaus (die mittlerweile nicht mehr klein, sondern Sweet 16 wäre) zu tun, sie zu würdigen, ihr ein wunderschönes Geschenk zu machen. Heute habe ich versucht, einen handschmeichelnden, ebenmäßigen und beinahe symmetrischen Naturstein mit Nagellack zu bemalen - das Ergebnis war mehr als armselig. Es wird ihr nicht gerecht. Und es ist einfach nur der xte verflixte fkn Stein... Ich ärgere mich, dass mir nichts Gewichtigeres, Größeres einfällt. Ich ärgere mich über mich.
Mein Herz ist zu dominant, so dass mein Verstand kurzerhand seine Stimme verloren hat, um diesen überdimensionalen Anspruch an mich selbst abzumildern. Und ebenso stark ist der Drang, gar nichts zu tun, mich nur in meinem Schmerz zu suhlen, darin zu baden, einzutauchen, nein, abzutauchen in diese süße, niemals endende Sehnsucht nach ihr. Ihr einfach nur meine Tränen zu schenken, Nicht für ihren Mut, ihren Lebenswillen, ihre Liebe und ihr Vertrauen, ihre Fähigkeit, Dinge anzunehmen und nicht zu verbittern, sondern einfach für sie selbst, für ihre Existenz, die ich erfahren durfte. Ich weiß nicht, was ich machen soll.
"Muss ich wirklich sterben, Mama?" Ihre Frage an mich, wenige Wochen vor ihrem Tod, hat sich in mein Herz gebrannt und eine wulstige Narbe hinterlassen, die heute rot und entzündet ist. Und dann stupst mir Vianne mit ihrem Fingerchen auf die Nase - eine winzig kleine Berührung, die mich veranlasst, die Farbe trotzig mit einem mit stinkigem Nagellackentferner getränkten Tuch vom Stein zu wischen und die mich motiviert, morgen oder übermorgen einen neuen Versuch zu starten - mit mehr Ruhe, mehr Bauchgefühl, mehr "Weniger". Weil es mir wichtig ist, auch wenn es nur der xte verflixte fkn Stein sein wird...
Alles scheint gefühlt auf den 24.7.2025 zuzusteuern. Gestern landete ein Zitronenfalter auf meinem Kleid, verharrte dort für mindestens eine Minute, breitete seine Flügel aus und flog dann luftig leicht davon. Während der Protonentherapiezeit in der Schweiz ließ sich ein Schmetterling auf Viannes Schwimmflügel nieder. Und in diesem Jahr - 10 Jahre nach Viannes Tod - bekomme ich eine Einladung vom Protonentherapiezentrum PSI (Paul Scherrer Institut), um meine psychoonkologische Arbeit am WPE im September vorzustellen. Es fühlt sich an, als ob der Kreis sich schließt.
Es fällt mir schwer zu realisieren, dass Vianne die letzten zehn Jahre nicht mit uns erleben durfte. Wie viel, auch äußerst Schönes, sich in dieser langen Zeit ereignet hat: unser Sabbatical in Thailand und Australien, Eiras Einzug in unser Leben und in unsere Herzen, Lukes Abiball und die anschließende Studienzeit, seine Reise nach Australien mit Ruby, Adas Eintritt in die gymnasiale Oberstufe, ihre Reitbeteiligungen, unsere Freundschaft zu Gina und Gunnar, meine Therapeutenausbildung, Michas Leitungsfunktion, Schnapspralinen-Fahrradtouren mit den Funkes, meine Alpenüberquerung mit Babsi, unsere ersten Klettersteige mit den Kindern in Südtirol, unsere Südafrika-Safari-Reise mit Andi & Ralf und Luke & Ada, die Amsterdam-Tour zu Omas 80stem, der Segeltörn mit Freunden zu meinem 50 Geburtstag, Vortragseinladungen, bekloppte Weihnachts-Videos an enge Freunde, SUP-Touren auf der Ruhr, Schlauchbootfahrten mit der Familie, die Geburt von Frank und Nicoles süßen Zwillingen, ein berührender Winterurlaub mit unseren Plettenberger Freunden, Martin und Petras 110 Geburtstag in der Pfalz, Michas und meine "geheime" Hütte, unser Über-Nacht-Trip nach Dublin zu Silvester, unerwartete Tiefschneefahrten mit Freunden, Pinxos und Negroni, lustige Karnevalsauftritte mit meinen Liebesperlen, Surfkurs mit Ada, Begegnungen mit Elefanten, Lukes und mein erstes Tattoo, das wir uns gemeinsam in Bangkok stechen ließen, erste illegale Fahrstunden mit Ada, nächtliche Tänze durch Paris mit Uli und ihrer Geburtstagsgesellschaft, weitere wohlige Momente auf dem Weilandtshof, unsere Bulliübernachtungen, Familien-Wandertouren mit Verlaufen und Trampen, Hochzeiten, ein Holly Johnson Konzert, sphärische Klänge in der Kathedrale in Porto, unser 25jähriger Hochzeitstag, Strandausritt in Holland, meine Tätigkeit am WPE... Für all das, und für so viel mehr, bin ich dankbar. Auch wenn heute und in den kommenden Tagen meine Narben schmerzen und das Vermissen dominiert.
"Die Summe unseres Lebens sind die Stunden, in denen wir liebten." (Wilhelm Busch)
Sonntag, 2. Mai 2021
Nachspann :)
Da können meine Finger wohl doch nicht von der Tastatur lassen - sieh mal einer an. Aber wer mich kennt, weiß, dass ich nicht immer so stringent bin und ein Springen von hier nach da hin und wieder vorkommt. Ich persönlich liebe diese Energieschübe. Viel zu lange habe ich sie nicht mehr gespürt und mich in einer Art langem Winterschlaf befunden seit dem letzen Herbst. Zu viele Abschiede von Menschen und Möglichkeiten haben sicherlich dazu beigetragen. Noch nicht einmal meine Liebesperlen-Zoommeetings konnten mich packen. Vor zwei Wochen hat sich dann mein Körper beschwert, dass mein Geist so lange auf Eis gelegen und träge diese wertvollen und letztendlich begrenzten Tage ins Land ziehen lassen hat, ohne richig teilzunehmen. Kein Joggen mehr, keine Yogaeinheiten, kein Lachen, das mein Bauchfell vibrieren lässt, keine größeren Verrücktheiten, viel Gemotze, noch mehr Grübelei - kein gar nix. Ich konnte förmlich dabei zusehen, wie Körper und Geist gemeinsam verweichlichten. Es war höchste Zeit für eine Schneeschmelze - genau das wollte mir mein Körper sagen. Tschüß Eiszeit. Zu oft schwelte die Frage: "Wie viel Vianne ist noch hier? Genau hier, in meinem realen Leben. Wie viel Vianne ist noch in mir??? Wie viel Vianne soll mich weiter begleiten?
Und genau in solchen Momenten kommen wertvolle Freunde ins Spiel, die gar nicht viel machen, aber die richtigen Themen parat haben: Quantenphysik - Verschränkung - ein Meer aus Möglichkeiten, die sich hinter dem Vorhang abspielen. Wie real ist deine Realität? Danke Yasmin für "Quantenphysik für Hippies" :)
Die Frage, wie viel Vianne noch hier ist und mich begleiten soll, ist mittlerweile leicht zu beantworten: Ganz viel! eine riesige Viannewelle soll durch mein Leben fluten. Keine Welle, vor der man Angst haben muss, dass sie einen überrollt und zu verschlingen droht, sondern eine, die mitreißt mit ihrer Energie, Spritzigkeit und Lebensfreude, die dir kleine Wassertropfen ins Gesicht wirft, dein nasses, von der Sonne gebleichtes Haar durcheinanderwuselt, während du auf deinem Surfboard oben auf dem Wellenkamm reitest, den weiten Oezan voller faszinierender Möglichkeiten im Rücken. (Anm.: "Australien, das war nicht mein letzter Surfkurs, auch wenn ich mir hin und wieder vor Schiss in die Hose gemacht habe.") Eine Welle, die dich trägt, die dich inspiriert mit ihrer Dynamik, bis sie schließlich sanft ausläuft. Und dann paddlest du erneut hinaus, abwartend, auf deinem Surfboard träge treibend, bis die nächste passende Welle kommt...in diesem Meer aus Möglichkeiten. Und wenn du dann noch der Überzeugung bist, dass es nicht nur diesen einen Ozean an Möglichkeiten, sondern unendliche viele mit ebenso unendlich vielen Möglichkeiten gibt, dann öffnet sich dein Herz und lässt Licht, Frieden und Zuversicht hinein. Mir verschafft diese Sichtweise, die ich nicht gänzlich fassen kann und wahrscheinlich auch nie gänzlich erfassen werde, Freiheit. Die Frage ist ja: Ist Vianne weniger real, weil sie nicht mehr in der von uns definierten Realität lebt?
Samstag, 26. Dezember 2020
Die Zeit ist reif...
Ihr Lieben, es wird Zeit.... sich an dieser Stelle zu verabschieden....
Herrscher der Zeit
Wundersame verquere Zeit, wie unterschiedlich du empfunden wirst, wie sehr du unser Leben prägst, wenn nicht sogar bestimmst, und wie stark du in uns und unserem Wortschatz verankert bist...
"Die Zeit heilt alle Wunden" - "Lass dir Zeit" - "Es wird Zeit" - "Zeitlebens werde ich an dich denken" - "Du hast keine Zeit mehr" - "Hast du mal wieder die Zeit vergessen?" - "Das ist zeitlos" - "Spar dir deine Zeit" - Hast du kurz Zeit?" - "Deine Zeit ist abgelaufen" - "Ich brauche noch etwas Zeit" - "Kommt Zeit, kommt Rat" - "Nimm dir die Zeit, die du brauchst" - "Wir hatten eine tolle Zeit" - "Beeil dich, wir haben keine Zeit" - "Die Zeit ist nicht spurlos vorüber gegangen"...
Wie sehr du manchmal Schmerzen zufügst und zu welch immenser Freude und Dankbarkeit du andererseits beiträgst. Du bist Dieb und Wohltäter in einem, Zeit. Du bist gnadenlos und gönnerhaft. Ich liebe und ich hasse dich zugleich. Du hast Vianne und mir Zeit gestohlen. Und du hast mir Zeit gegeben, wieder aufzustehen. Auch kannst du mir die Zeit mit Vianne nicht nehmen - außer vielleicht, wenn du mir in Zukunft meine Erinnerungen nimmst ...? Du faszinierst mich und du stößt mich gleichzeitig ab. Ich glaube, ich habe noch eine Rechnung mit dir offen. Wer hat dir erlaubt, Viannes und meine gemeinsame Zeit zu beenden? Ich hätte so gerne mehr Zeit mit Vianne zusammen verbracht - glückliche, unbeschwerte, luftigleichte Momente. Du hast mir Vianne entrissen, hast Viannes Zeit hier ablaufen lassen, du verdammter Bastard - und warst andererseits so gnädig, sie nur kurz leiden zu lassen."Mama, muss ich wirlich bald sterben?" Genau das hat mich Vianne im Frühjahr und Sommer 2015 wiederholt gefragt. Und mit Nachdruck gesagt, dass sie nicht sterben möchte. Es ist nicht fair! - Nein!, es ist geradezu pervers, dass eine Sechsjährige, eine Sechsjährige, die noch nicht einmal Zeit gehabt hat, ein Schulkind zu sein, die noch nie einen Jungen geküsst und dabei Schmetterlinge im Bauch gehabt hat, die niemals die Nächte durchtanzt und Paris gesehen hat, so etwas äußern muss. Nicht fair... Kannst du überhaupt fair sein, Zeit? Ich erinnere dich nur an die Sache mit der Eintagsfliege oder den Falten. Wer gibt dir das Recht, dass du Entscheidungen von solch einer Tragweite treffen darfst? Wer?
Mit der Zeit ist es so eine Sache. Auch wenn sie objektiv messbar eine definierte Spanne umfasst, wird ein jeder diesen definierten Abschnitt anders empfinden. Sicherlich auch die Eintagsfliege. Aus Stunden können Tage werden, aus Tage Wochen, und ein ganzer Tag kann zu wenigen Stunden zusammenschrumpfen. Zeit ist also etwas Dehnbares. Sind wir glücklich oder ist etwas spannend, vergeht die Zeit wie im Fluge. Tun wir etwas Ungeliebtes oder erwarten wir sehnsüchtig etwas, kriecht die Zeit im Schneckentempo vorwärts.
Als Viannes Metastasen wuchsen, rann uns die Zeit förmlich durch die Finger. Und doch hatten wir gehofft, mehr Zeit zu haben.. Als Vianne vor Freude quietschend gemeinsam mit ihren Geschwistern durch das schlammige Watt rannte, kein Matschloch ausließ, in das sie sich hineinplumpsen lassen konnte und dabei kicherte, was das Zeug hielt, hätte ich die Zeit so gerne angehalten. Heute klammere ich mich an die Zeit, als wir im Sommer 2011 zu sechst mit unserem Bulli durch Frankreich fuhren und mit unserem pinkfarbenen Familien-Schlauchboot durch die Verdon-Schlucht paddelten.
Ich glaube aber auch, dass man fühlt, wenn die Zeit gekommen ist. Eine gefühlte Ewigkeit - seit dem Sommer - habe ich in Viannes Blog keinen einzigen Eintrag mehr verfasst und mich intensiv gefragt, warum eigentlich nicht. Noch immer fließen die Worte aus mir heraus, ich bin also nicht sprachlos. Noch immer kreisen meine Gedanken um meine Tochter: Ich habe sie also nicht vergessen. Noch immer empfinde ich unbeschreibliche Sehnsucht, wahnsinniges Glück, innige Liebe, bodenlose Trauer, wahre Demut und tiefen Respekt, sobald ich an sie denke. Ich bin also nicht emotional taub. Was ist es dann? Die Zeit ist einfach reif. Ich durfte sechs Jahre mit meiner zauberhaft inspirierenden und gewieft-herausfordernden Tochter erleben. Ich habe nun fast sechs Jahre ohne Vianne an meiner Seite verbracht und ihr habt mich auf meinen Weg treu begleitet. Mein Weg geht hoffentlich weiter, aber dieser Blog ist am Ende angekommen. Ich kann euch nichts Neues von Vianne erzählen. Ich kann euch nichts Neues von mir erzählen. Es war eine intensive Zeit hier mit euch zusammen. Danke dafür. Von Herzen Danke für euer Zuhören, Begleiten und Mitfühlen.
Süße Vianne, ich geh' mit dir, soweit ich kann. Und nun ist es an der Zeit, dich weiterziehen zu lassen. Die Zeit ist reif, mein Schatz. Wie würde es Ada ausdrücken: "Ich hoffe, du springst gerade mit einem Rentier durch die Wolken..."
Ich bin so tief durchdrungen von Vianne, dass meine Liebe zu ihr ewig in mir weiterlebt, weit über diese Blogeinträge hinaus, mindestens solange ich atme - und wer weiß - vielleicht auch noch darüber hinaus...
Freitag, 24. Juli 2020
Fünf Jahre
genug").
Far far away
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben..." (H. Hesse)
Sonntag, 8. Dezember 2019
Tage wie dieser
Ich werde meine Freunde vermissen auf unserer Reise um die halbe Welt. Aber ich werde jeden einzelnen mitnehmen. Doch ganz oben im Gepäck sind Jesse und Vianne. Mein Versprechen gilt.
| Adas neues Türschild... |
Ich habe versucht, ihr Zuversicht zu schenken, habe ihr erklärt, dass Vianne sie so sehr geliebt hat, dass sie gar nicht weg sein kann, vielleicht physisch, aber nicht vom Gefühl her. Und dennoch fielen meine Tränen auf sie herab, weil ich Viannes physische Präsenz ebenso vermisse wie Ada. Doch wo Schatten sind, ist auch Licht. Eine gute Freundin schickte mir diese Zeilen:
to children and old men that wait to die.
And if you need to cry,
cry for your brother walking the street beside you.
And when you need me, put your arms around anyone
and give them what you need to give me.
I want to leave you something,
something better than words or sounds.
Look for me in the people I've known or loved,
and if you cannot give me away,
at least let me live in your eyes and not in your mind.
You can love me best by letting hands touch hands,
and by letting go of children that need to be free.
Love doesn't die, people do.
So, when all that's left of me is love,
give me away.
(Meditations befor Kaddish)
In diesem Sinne... Gute Nacht!



